Kommt da Nostalgie auf? Begleitet Tymon Smektała auf eine kleine Reise in die Vergangenheit, zu den Highlights bei der Entwicklung des ersten Teils der „Dying Light“-Reihe.
Hallo, hier ist Tymon.
Heute wird es wieder etwas sentimental werden. Dieses Mal schaue ich nämlich etwas weiter zurück, und zwar mehr als 10 Jahre, damals als ich noch jung und gutaussehend war.
Wie ihr wisst, haben wir letztens die Dying Light Standard Edition wieder eingeführt, die es noch ein paar Tage zum Super-Sparpreis auf Steam und im Microsoft Store gibt. Zur Vorbereitung darauf habe ich wieder mit dem Spiel angefangen und das hat wundervolle Erinnerungen geweckt. Was für eine Reise in die Vergangenheit! In diesem Blick hinter die Kulissen möchte ich mit euch den Spaß teilen, den wir bei der Arbeit am ersten Teil der Reihe hatten.
In meinem kürzlichen Solo-Durchlauf habe ich den Parkour in unserer offenen Welt ausgetestet und das hat mich daran erinnert, wie erfrischend das im weiten Spektrum von Spielen aus der Egoperspektive war. Das Genie hinter der Fortbewegung in Dying Light ist mein Freund, Bartosz „Glova“ Kulon. Bartosz, zusammen mit den Teams für Gameplay und Animationen, hat eine ganz schöne Leistung vollbracht, indem er sichergestellt hat, dass die Abläufe flüssig sind. Es hat auf jeden Fall eine lange, lange Zeit gedauert, bis alle damit zufrieden waren.
Als ich vor mehr als einem Jahrzehnt zu Techland dazustieß, war Parkour bereits eine Spielmechanik. Adrian „Pyza“ Ciszewski, zu der Zeit unser Creative Director, und Glova selbst, damals bereits Senior Gameplay Programmer, amüsierten sich auf meine Kosten, als ich auf dem Controller A drückte, um in Dying Light zu springen (wie es in so ziemlich jedem anderen Actionspiel, das ich bisher kannte, üblich war). Ich habe etwa zehn Minuten, oder gar noch länger gebraucht, um zu kapieren, dass hier die Sprünge mit dem rechten Bumper durchgeführt werden. Wie ich später erfuhr, war der Grund dafür, dass man dadurch springen, aber weiterhin mit dem rechten Daumen via Stick die Kamera und somit die Bewegungsrichtung steuern kann. Das hat die anderen nicht davon abgehalten, sich von der Seite gnadenlos über mich lustig zu machen. Aber schon in dem Moment war mir klar, dass Dying Light etwas Neues und Einzigartiges für Spieler sein würde, und die flüssige Mechanik zum Vorankommen überzeugte mich umso mehr.
Soweit ich weiß, war der Parkour zu Beginn ganz anders. Die Leveldesigner hatten besondere „Haken“ in der Umgebung eingerichtet, also Stellen, an denen ein Spieler sich beim Durchqueren von Harran festhalten kann. Und das funktionierte so weit, aber das Team fügte immer mehr hinzu (zu einem gewissen Zeitpunkt waren es mehrere Tausende), um die Bewegungsfreiheit zu verbessern. Schließlich bereitete Bartosz Kulon der „Invasion“ ein Ende und stieß eine andere Idee an. Das neue Konzept für die Programmierung des Parkour basierte darauf, dass der Raum vor dem Spieler vom Spiel selbst analysiert und dadurch erkannt wird, ob ein Vorsprung erreichbar ist. Es hat Dying Light definitiv tiefgreifend geprägt.
Auch heute noch bin ich verblüfft, wie gut es fast 10 Jahre nach der Veröffentlichung aussieht! Ich erinnere mich noch an den Tag, als ich zum ersten Mal die Qualität der Grafik selbst erlebte. Maciej „Keoz“ Jamrozik, unser Technical Art Director, hatte eben ein neues Beleuchtungssystem implementiert – und das hat er so nebenbei gemacht, ohne viel davon zu erzählen. Während der kurzen Treffen am Morgen hat er immer erklärt, dass er am Chaparral – oder an den Büschen oder allgemein am Grünzeug – arbeitet (selbstverständlich musste ich nachschlagen, was das erste denn ist, davor dachte ich eine ganze Zeit lang, es sei einfach der technische Ausdruck für … eine Render-Methode oder so?). Dann sagt er irgendwann einmal, dass die Pflanzen schon im Spiel sind – und ganz nebenbei übrigens auch ein neues Beleuchtungsmodell. Als ich das Spiel gestartet habe, interessierte ich mich null für das Grünzeug, denn ich war absolut überwältigt vom Licht, wie wunderschön Harran aussah, besonders bei Sonnenuntergang. Na gut, die Pflanzen waren auch ganz nett.
Die Arbeit am Kampfsystem war eine emotionale Achterbahn. Ganz klar sind die Kämpfe in Dying Light sehr brutal, blutig und immersiv. Um diesen Effekt im Spiel zu erzielen, haben wir viele der nötigen Bewegungsabläufen via Motion Capture aufgenommen und das stellte sich als gar nicht so ungefährlich heraus. Pyza Ciszewski, den ich bereits erwähnt habe, wollte demonstrieren, wie er sich die Animationen für die schweren, grausamen Tritte vorstellt. Er hat das auf einer Matte gemacht und … sich prompt das Bein gebrochen. Es klingt jetzt vielleicht lustig, aber damals hat ganz sicher niemand gelacht. Im Nachhinein würde ich es wahrscheinlich Karma für die ganzen Witze über die Steuerung beim Springen nennen.
Es gab aber etwas anderes, das wirklich lustig war: die Reaktionen der Journalisten bei der E3 2013. Wir haben eine Demo von Dying Light vorbereitet, in der man den Tag und ein paar Minuten, tatsächlich nur ein paar Minuten, der Nacht spielt. Es war nichts Ausgefallenes, das Spiel befand sich schließlich noch in der Entwicklung, wir wollten es allerdings einigen ausgesuchten Reportern vorstellen. Unsere Gäste sollten in der Nacht herumlaufen und bei der Jagd Schattenjägern ausweichen, doch für einige war das etwas zu viel. Die haben mitten im Spiel das Handtuch geworfen, weil das Ganze für sie zu furchteinflößend und extrem war. Hat das uns was ausgemacht? Nein, nicht allzu viel, schätze ich, da wir die Nacht im Endprodukt noch schwieriger gemacht haben.
Die Hauptelemente von Dying Light sind der Parkour, die unheimlichen Nächte und die immersiven Kämpfe. Aber es hat auch noch das ein oder andere Geheimnis auf Lager. Das bezieht sich natürlich jetzt teilweise auf seine Easter Eggs. Der Impulsgeber dahinter war niemand Geringeres als unser Lead Level Designer Piotr „SiCK“ Pawlaczyk, der es persönlich liebt, in jedem Titel, den er spielt, nach Easter Eggs zu suchen. Klar wollte er also, dass wir auch welche in Dying Light verstecken. Er hat es geschafft, vom Management zum Ende des Entwicklungsprozesses ein paar Tage dafür gewährt zu bekommen. So sollte das Team sich darauf konzentrieren können, sich ein paar Überraschungen auszudenken und zu implementieren.
Besonders beliebt ist die Korek-Machete, benannt nach unserem aktuellen Senior Producer, damals noch Optimization Lead, Kornel „Korek“ Jaskuła. Ursprünglich war diese Machete für die QA-Tester, damit sie Gegner mit einem Treffer töten können. Zusammen mit Piotrek haben sie sich überlegt, wie auch die Spieler an sie herankommen können. Jetzt ist sie auf der Karte in einer Kiste versteckt, auf die man 76-mal eintreten muss. Wieso ausgerechnet 76-mal? Gute Frage, aber darauf gibt es leider keine interessante Antwort. Es war einfach die erste Nummer, die Korek eingefallen ist (er hat SiCK wortwörtlich auf die Frage nach der Zahl der nötigen Tritte „Keine Ahnung, 76?“ entgegnet). Was für ein Glück, dass ihm keine größere in den Sinn gekommen ist …
Wie ich schon sagte, die Arbeit am ersten Teil von Dying Light war echt der Hammer. Das gesamte Team hatte Spaß, es war eine Herausforderung und verlangte uns viel ab. Wir hatten ganz viele kreative Ideen, die es ermöglichten, das Abenteuer in Dying Light: The Following und später in Dying Light 2 Stay Human fortzuführen. Ich empfehle euch auf jeden Fall, etwas Zeit mit dem ersten Spiel zu verbringen. Es ist ein guter Einstiegspunkt für das Franchise und eine tolle Einführung zum zweiten Ableger, in den wir derzeit unsere ganze Arbeit stecken. Eigentlich gilt das für das gesamte „Dying Light“-Universum.
Gute Nacht, viel Glück und … bleibt menschlich!